Nippon Konchuki (The Insect Woman), 1963, Shohei Imamura

Shohei Imamura. Eros & Civilization

November 30 to December 20, 2003

 

Das japanische Kino wurde um 1960 vom Schwung einer „Neuen Welle“ erfaßt, die ähnlich starke Veränderungen in der Filmbranche und im Kinopublikum hervorrief wie die Nouvelle Vague in Frankreich. Neben Nagisa Oshima ist der Regisseur Shohei Imamura die Hauptfigur dieser Erneuerungsbewegung. Das Filmmuseum präsentiert im Dezember die erste Imamura-Gesamtschau in Österreich und bietet damit die Gelegenheit, einen großen Unbekannten und zentralen Protagonisten der Kino-Moderne kennenzulernen.
 
1926 geboren, repräsentiert Imamura den Einbruch einer ungestümen, politisch und sexuell offenherzigen Intellektuellen-Mentalität in das „gutbürgerliche Haus“ der japanischen Filmkunst. Seine frühen Hauptwerke wie The Insect Woman (1963), Intentions of Murder (1964) oder A Man Vanishes (1967) konnten nicht als B-Pictures abgetan werden; sie trugen den Generationskonflikt in die Hochkultur und gerieten zu wichtigen Eckpunkten der medialen Debatte.
 
Herbert Marcuses Buchtitel Eros & Civilization, der in einem von Imamuras Filmen prominent erscheint, weist auf eine thematische Linie im Schaffen des Regisseurs hin: die Herausforderung, die der Sexualtrieb und das weibliche Geschlecht an die bürgerliche (Männer-)Gesellschaft richten. A History of Postwar Japan as Told by a Bar Hostess, Shohei Imamuras Docu-Fiction aus dem Jahr 1970, ist diesbezüglich ein überaus aussagekräftiger Titel.
 
Im Gegensatz zu den anderen Vertretern seiner Generation ist Imamura bis heute und mit unverminderter Intensität aktiv. Sein spätere Karriere hat ihm auch außerhalb Japans den Status einer Ikone gesichert. Imamura zählt zu den wenigen Filmemachern, die zweimal die Goldene Palme von Cannes erhalten haben – für The Ballad of Narayama (1982) und für Unagi / The Eel (1997).
 
Im Rahmen dieser Retrospektive erleben viele Arbeiten von Shohei Imamura ihre österreichische Erstaufführung, darunter auch seine beiden jüngsten Filme Dr. Akagi (1998) und  Warm Water Under a Red Bridge (2001).