Shimizu Hiroshi (zweiter von links)

Shimizu Hiroshi

28. Februar bis 9. März 2005

 
„Ozu und ich bringen Filme durch harte Arbeit zustande, doch Shimizu ist ein Genie.“ (Mizoguchi Kenji)

 
Der von Ozu und Mizoguchi bewunderte Filmemacher Shimizu Hiroshi ist einer der großen japanischen Regisseure, die im Westen erst ansatzweise bekannt sind und die es noch zu entdecken gilt. So wie Naruse, Gosho, Yamanaka oder Itô repräsentiert Shimizu einen jener mächtigen „Kontinente“ im klassischen japanischen Kino, die es mit der im Westen so berühmten Trias Ozu, Mizoguchi, Kurosawa in jeder Hinsicht aufnehmen können. Dank der Unterstützung vieler Partner in Japan ergibt sich nun im Filmmuseum die seltene Gelegenheit, einen dieser unbekannten Meister anhand von 13 Filmen näher kennenzulernen.
 
Shimizu begann seine Karriere Anfang der 1920er Jahre beim neu gegründeten Studio Shôchiku. Während sein gleichaltriger Kollege und enger Freund Ozu anfangs nur wenige Erfolge feierte, stieg Shimizu mit seinen modernen Melodramen rasch zum gefeierten Star des Studios auf. In den 30er Jahren ließ er die Scheinwelt der Studios jedoch hinter sich und drehte fortan bevorzugt on location. Er verwandelte sich – wie es im Titel eines seiner frühen Filme heißt – in einen „kleinen Wanderkünstler“. Nach dem Krieg gründete Shimizu seine eigene Produktionsgesellschaft und wurde so zu einem Wegbereiter des unabhängigen japanischen Films.
 
Shimizus Protagonisten sind auf Wanderschaft und oftmals ohne klares Ziel: drifter aus Prinzip. Von dieser Form der Bewegung leitet sich auch Shimizus persönlicher Stil ab, eine unverkennbare filmische Handschrift: lange und raffinierte Kamerafahrten, Überblendungen, episodenhafter Aufbau – und die Wertschätzung von Schauspielerensembles vor individuellen Einzelleistungen.
 
Shimizus Filme werfen einen Blick auf die Ränder der Gesellschaft. Im Zentrum stehen meist Außenseiter oder Ausgestoßene: Vagabunden, Prostituierte, Delinquenten, fahrende Gaukler, Kriegswaisen, jugendliche Straftäter, Zwangsarbeiter oder Behinderte. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Kinder, was Shimizu den Ruf eines Kinderfilmregisseurs eingehandelt hat – durchaus zu Unrecht, angesichts der enormen Bandbreite seines Werks. Die lachenden Kindergesichter in diesen Filmen täuschen nicht darüber hinweg, dass ihre Welt alles andere als heil ist.
 
Shimizus Kunst liegt nicht in der großen, anklagenden Geste, sondern im Detail – in der genauen Beobachtung, der spontanen Wendung, der Freude zur Improvisation und der Liebe zum scheinbar Unbedeutenden. Der Charme und Esprit seiner Filme, die Leichtigkeit und das Raffinement ihrer Inszenierung machen Shimizu Hiroshi zu einem großen Meister der kleinen Dinge. (Roland Domenig)
 
Die Retrospektive wird unterstützt von der Japan Foundation und von Shôchiku im Rahmen des „Shôchiku 110th Anniversary” und findet in Kooperation mit dem National Film Center Tokyo und dem Kawakita Mermorial Film Institute statt. Mit besonderem Dank an Roland Domenig und Olaf Möller.
 
Die Retrospektive wird im Anschluss vom Filmpodium Zürich und vom Deutschen Filmmuseum Frankfurt übernommen.