From the Notebook of ... © Robert Beavers

Filmmuseum on Location:

Vor, auf und hinter der Leinwand

Zu den Hauptaufgaben eines Filmmuseums zählt nicht nur die medienspezifische Präsentation von Filmwerken und -dokumenten in Form von Kino- und Vermittlungsprogrammen, sondern auch ihre sachgerechte Bewahrung, Sicherung und Restaurierung. Diese beiden Aspekte der filmkuratorischen Arbeit gehen Hand in Hand: Ein restaurierter Film lebt erst in seiner Vorführung. Neben Veranstaltungen im hauseigenen Kino werden die Restaurierungsprojekte des Österreichischen Filmmuseums auch regelmäßig an anderen Orten präsentiert und in interdisziplinären Kontexten wahrgenommen.

 
Im Forum Expanded der 66. Internationalen Filmfestspiele Berlin (11. bis 21. Februar) erlebt eine der jüngsten Restaurierungen des Filmmuseums ihre Welturaufführung: Robert Beavers’ frühes Schlüsselwerk From the Notebook of ... (1971/1998). Mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Entstehung hatte der Autor seinen Film überarbeitet und vom 16mm-Originalmaterial auf 35mm übertragen – mit teilweise unbefriedigendem Ergebnis. Ausgehend von dieser „Fassung letzter Hand“ hat das Filmmuseum eine digitale Restaurierung durchgeführt, deren Resultat nun ebenfalls auf 35mm-Film vorliegt. Das Projekt wurde mit Hilfe einer Filmpatenschaft von Markus Schleinzer realisiert.

 
Zeitgleich mit dieser Erstpräsentation beginnt ein neues Projekt, das die langjährige Zusammenarbeit zwischen Robert Beavers und dem Filmmuseum fortsetzt: die Restaurierung von Gregory J. Markopoulos’ mittellangem Film Twice a Man (1963). Als Nachlassverwalter von Markopoulos hat Beavers gemeinsam mit dem Filmmuseum im Vorjahr erfolgreich einen Antrag bei der National Film Preservation Foundation der Vereinigten Staaten gestellt, um im Rahmen des Förderprogramms „Avant-Garde Masters Grants“ dieses zentrale Werk des unabhängigen US-Kinos für die Zukunft zu sichern.

 
Im Februar kehrt dann auch eine ältere Restaurierung des Filmmuseums (und der Film Foundation von Martin Scorsese) auf die große Leinwand zurück: Am 25. des Monats hat das Wiener Kinopublikum nochmals die Gelegenheit, die restaurierte Fassung von Apichatpong Weerasethakuls Langfilmdebüt Mysterious Object at Noon (2000) im Stadtkino im Künstlerhaus zu erleben. Die Sondervorführung findet in Zusammenhang mit dem Kinostart von Weerasethakuls aktuellem Werk Cemetery of Splendour (2015) statt. Mysterious Object at Noon wurde zudem vor kurzem in einer luxuriös ausgestatteten DVD-Edition vom Filmmuseum herausgebracht.

 
Diese aktuellen Kino-Screenings folgen einer Reihe prestigeträchtiger Aufführungen hauseigener Restaurierungsprojekte im vergangenen Herbst. Am 2. Oktober 2015 präsentierte das Wiener Konzerthaus die Uraufführung einer vom Filmmuseum digital restaurierten Fassung des Debütfilms von Josef von Sternberg: The Salvation Hunters (1925). Die Veranstaltung, mit Live-Musik des amerikanischen Komponisten und Musikers Brad Mehldau, wurde in Kooperation mit ZDF/Arte durchgeführt und für die Fernsehausstrahlung am 16. November aufgezeichnet. Eine DVD-Edition von The Salvation Hunters und Sternbergs letztem Stummfilm The Case of Lena Smith (1929), der nur als kurzes Fragment überliefert ist, ist für den kommenden Herbst geplant. Mit dieser Veröffentlichung werden endlich alle erhaltenen Stummfilme des in Wien geborenen Regisseurs im DVD-Format erhältlich sein.

 
Unmittelbar nach dem „Film+Musik“-Abend im Konzerthaus fand am Eröffnungstag des bedeutenden Stummfilmfestivals in Pordenone (Italien) die Erstaufführung einer neu restaurierten Kopie von Mister Radio (1924, Nunzio Malasomma) statt. Der Film bildete den Auftakt des Programms „Italian Muscle in Germany“, das den deutschen Filmen der damals extrem populären (und heute fast vergessenen) italienischen „Sensationsdarsteller“ Luciano Albertini und Carlo Aldini gewidmet war. Das Filmmuseum beherbergt die einzige erhaltene, viragierte und getonte Nitrofilmkopie von Mister Radio, die physisch restauriert und im Spezial-Kopierwerk L’Immagine Ritrovata in Bologna durch Umkopierung gesichert wurde. Interessierte können jetzt noch Pate oder Patin dieses Films im Rahmen des Projekts „50 Jahre Filmpatenschaft – 50 Filme“ werden und dabei einen Beitrag zur langfristigen Erhaltung analoger Filmkopien leisten.

 
Am 30. Oktober 2015 schließlich zeigte das Filmmuseum im Rahmen der Retrospektive „Animals“ die Österreich-Premiere der restaurierten Fassung von Africa Before Dark (1928) – nach einer Erstpräsentation in Los Angeles. Hauptfigur dieses frühen Zeichentrickfilms von Walt Disney ist „Oswald the Lucky Rabbit“. Die „Mickey Maus vor der Mickey Maus“ war der erste Star von Disneys Filmfabrik, bis Disney die Rechte an seiner Erfindung an seinen damaligen Produzenten verlor. Als die Walt Disney Company 2006 diese Rechte zurückkaufte, waren von den 26 Oswald-Filmen, die Disney zwischen 1927 und 1928 produziert hatte, nur 13 bekannt. Inzwischen konnten in mühsamer Detektivarbeit einige Filme der Reihe wiederaufgefunden werden, darunter Africa Before Dark, der in Form einer zeitgenössischen 35mm-Nitrokopie vom Filmmuseum bewahrt und 2015 gemeinsam mit der Walt Disney Company restauriert wurde.

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