Visual History of LGBTIQ+ in Austria and Beyond

Preserving and Curating Queer Ephemeral Media Spaces in an Age of Datafication


Queer hat eine Geschichte, und die kann sich zeigen lassen. Die Frage ist nur wie: Denn Darstellungen queerer Lebensformen waren in Österreich – unter scharfer Strafgesetzgebung – bis Mitte der 90er Jahre verboten. Gemäß dem bis 1996 aufrechten Werbe- und Vereinsverbot wurden queere Lebensformen in Film und Fernsehen historisch mehrheitlich ignoriert und wenn, dann eher als eine Geschichte der Unterdrückung dargestellt und reproduziert.

Umso bedeutender erscheinen jene audiovisuellen Spuren der LGBTIQ+-Community, die wir jenseits von offizieller Repräsentation und staatlicher Einflussnahme finden – nämlich in sogenannten ephemeren Filmen und Videos: Home Movies, Amateurfilme, Bewegungsfilme, Kampagnenvideos – also Aufzeichnungen, die außerhalb industrieller und künstlerischer Verwertungskontexte entstanden sind. Vom Schmalfilm bis in die 2000er finden wir durch die Jahrzehnte hindurch Zeugnisse einer vielschichtigen, diversen und transnational aktiven queeren Kultur. Unter dem Arbeitstitel "Regenbogenfilme" widmet sich das Österreichische Filmmuseum – in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Mediathek, QWIEN – Zentrum für queere Geschichte, STICHWORT Archiv der Frauen- und Lesbenbewegung sowie dem Schwulen Museum Berlin und dem Ludwig Boltzmann Institute for Digital History – im Sinne eines Langzeitprojekts der Sammlung dieser Filme- und Videos. Das bislang erschlossene Material umfasst eine Laufzeit von mehreren tausend Minuten.
 
Das Projekt "Visual History of LGBTIQ+ in Austria and Beyond" analysiert erstmals die audiovisuelle ephemere Selbstdokumentation der LGBTIQ+-Community in und mit Verbindungslinien nach Österreich. Vom Wohnzimmersetting bis zum aktivistischen Film – das Material ist eine Ressource für emanzipatorische Utopien von Subjektivität, Sozialität und Kollektivität: Es erzählt uns über Formen des Zusammenlebens in prekären und krisenhaften Kontexten, und erscheint von gesamtgesellschaftlicher Relevanz und Aktualität: Wie leben in Zeiten schwindender Demokratie, von Repression, Rassismus, Hass, Homo- und Transphobie? Queere Geschichte als subkulturelle Geschichte ist immer auch eine Geschichte von Räumen, seien sie lokal oder virtuell, in denen etwas lebbar wird. Das Projekt begreift die Filme und Videos daher nicht als "private Dokumente", sondern – entgegen der ubiquitären Privatisierung von Existenz – als ephemere Räume einer geheimen Öffentlichkeit.
 
Ziel ist eine audiovisuelle Alltags- und Bewegungsgeschichte von LGBTIQ+ sowie die Entwicklung von kuratorischen Strategien für ihre Vermittlung. Letztere stellt vor bild- und datenethische Herausforderungen; der Grat zwischen Empowerment und Vulnerabilität ist schmal: Angesichts der Fragilität der Ephemera geht es um Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Material von sogenannten visuellen "Minderheiten". Welche Möglichkeiten zwischen archivarischer Geheimhaltung und dem strategielosen Hochladen in die Cloud gibt es? Wie geht man mit visuellen Leerstellen um? Welche strategische Rolle kommt den Künsten zu?
 
Antragsteller*in und Projektleiter*in
Dr. Katharina Müller (Österreichisches Filmmuseum & IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften | Kunstuniversität Linz in Wien)

Förderung
Dieses Projekt ist durch Mittel des FWF Der Wissenschaftsfonds (Elise-Richter-Programm) gefördert.

Durchführungszeitraum
Jänner 2023 bis Dezember 2025

 

FWF Der Wissenschaftsfonds
Kunstuniversität Linz
Kontakt
Dr. Katharina Müller