Slumming, 2006, Michael Glawogger

Slumming

Michael Glawogger, AT/CH 2006
Drehbuch: Michael Glawogger, Barbara Albert; Kamera: Martin Gschlacht; Schnitt: Christof Schertenleib; Musik: Peter von Siebenthal, Walter W. Czikan; Darsteller*innen: Paulus Manker, August Diehl, Michael Ostrowski, Pia Hierzegger, Maria Bill. 35mm, Farbe, 100 min. Deutsch (am 29. März mit englischen Untertiteln)
 
Slumming nennen Sebastian (August Diehl) und Alex (Michael Ostrowski) eine bevorzugte Freizeitbeschäftigung: Die Suche nach und den Besuch von möglichst heruntergekommenen Lokalen. Mit dem Zynismus der Anonymität wird zwischen Internet-Bekanntschaften und bösen Streichen der Tag verbracht, einen Höhepunkt stellt die nächtliche Entführung eines bewusstlos Besoffenen (Paulus Manker als Aggro-Zettelpoet mit Hang zur Randale) von seiner Bank im Westbahnhof zur Bahnstation im tschechischen Znaim dar. Ohne Pass versucht der heimzukommen, während Sebastian das schlechte Gewissen zu plagen beginnt: Hat er endgültig eine Grenze überschritten? Glawoggers eigensinniger Spielfilm setzt sich dabei selbst über die Grenzen hinweg: Statt der durchschaubaren Kausalitäten des damals recht populären urbanen Episodenformats schafft er ein barock wucherndes Universum. Das Ineinandergreifen von Komödie und Tragödie ist dabei ganz organisch, was auch der enormen Dichte an in immer neuen Formen wiederkehrenden Motiven zu verdanken ist, die einen bemerkenswerten, zügigen Fluss erzeugen. Ein erstaunlicher Film über fließende Identitäten im neuen Jahrtausend. (C.H.)
 
In Anwesenheit von Barbara Albert am 25. April 2024