La niña santa (Das heilige Mädchen), 2004, Lucrezia Martel

La niña santa (Das heilige Mädchen)

Lucrezia Martel, AR/IT/ES/NL 2004
Drehbuch: Lucrecia Martel, Juan Pablo Domenech; Kamera: Félix Monti; Schnitt: Santiago Ricci; Musik: Andrés Gerszenon; Darsteller*innen: Mercedes Morán, Carlos Bolloso, Alejandro Urdapilleta, María Alché, Julieta Zylberberg. 35mm, Farbe, 106 min, Spanisch mit dt. UT
 
Die schöne junge Frau singt inbrünstig ein Lied: davon, dass sie Gott gehört. Plötzlich eine Pause. Weinend dreht sie sich weg. Ihre Schülerinnen tuscheln, reichen ein Bild herum, glucksen. Nach kurzer Pause gewinnt die Frau ihre Fassung zurück, singt weiter. Ein enigmatischer Filmbeginn, aber dann rollt La niña santa langsam die näheren Umstände auf: Die Mädchen sind Klosterschülerinnen; die Eltern der Heldin betreiben ein heruntergekommenes Hotel mit Swimmingpool; dort findet ein medizinischer Kongress statt – und einer der Doktoren leistet sich eine unziemliche Berührung. Der zweite Film der Argentinierin Lucrecia Martel erschafft aus solchen Erzählfragmenten, aus Gesichtern, Gesten, Geräuschen und ungewöhnlich kadrierten Bildern eine Welt von erstaunlicher Plastizität. Das karge Hotel verwandelt sich in ein Wunderland, in dem der Kontrast aus Ärzte-Rationalismus und Mädchen-Religiosität zwar keine Beweise für Übersinnliches zeitigt, aber eine höhere Sinnlichkeit – eine gesteigerte Wahrnehmung der Texturen von Leben, Begehren, Erwachsenwerden. Ein zauberhaftes und inspirierendes Meisterwerk. (C.H.)