Starship Troopers, 1997, Paul Verhoeven

Films You Cannot See Elsewhere

Amos-Vogel-Atlas 18
Stahltier Troopers

23. September 2024

In seinem 1974 erschienenen Buch Film as a Subversive Art widmete sich Amos Vogel auch ausgiebig Propagandafilmen, denn: "Ungeachtet ihrer sogfältig vorgeschriebenen Parameter sind die Propagandafilme gerade wegen ihrer berechnenden Natur subversiv; sie verseuchen nicht nur die Wahrheit, sondern auch alle, die ihr nahekommen: Zeugnis dafür ist die unheilvolle, perverse Anziehungskraft, die Triumph des Willens (1935) auch heute noch hat."
 
Leni Riefenstahls Triumph des Willens über den Parteitag der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei 1934 läuft auch alljährlich im Filmmuseum als Teil von Peter Kubelkas Zyklus Was ist Film: Der "berühmteste Propagandafilm, der je gedreht wurde" (Vogel) gilt als einzigartiges Beispiel für die Mobilisierung filmischer Mittel: Das Nazi-Regime hatte Riefenstahl praktisch unbegrenzte Möglichkeiten gegeben, um ein Ereignis zu "dokumentieren", das eine Inszenierung war. Vogel schreibt überhaupt von einem "Pseudo-Ereignis": "Es ist eine erstaunliche Entdeckung, zu merken, dass diese enorme Versammlung in erster Linie für den Film veranstaltet wurde."
 
Vogel, dem im Gegensatz zu Verwandten aus seiner jüdischen Familie die Flucht vor den Nazis im letzten Moment gelang, wurde heftig angefeindet, als er in den 1950ern Nazi-Propagandafilme, darunter Triumph des Willens, erstmals in New York zeigte, weil es ihm sowohl um die "künstlerische wie auch die soziale Auseinandersetzung mit Film" ging: Nur indem man die Methoden der NS-Filme studiere, könne man sich auch der schrecklichen Möglichkeiten von Kino als Propaganda-Medium bewusst werden. In diesem Sinne präsentieren wir am Tag vor dem diesjährigen Screening von Triumph des Willens (im Rahmen von Was ist Film) einen Vogel-Atlas mit zwei Filmen aus unserer Sammlung, begleitet von Einführungen, um Riefenstahls Werk in einen filmhistorischen Kontext zu stellen, der unter anderem den Mythos seiner Einzigartigkeit entzaubert.
 
Zum einen zeigen wir mit Das Stahltier (1934) von Willy Zielke einen wichtigen, aber wenig bekannten Vorläufer für Riefenstahls Film: Die von der Reichsbahn beauftragte Jubiläumsproduktion erwies sich mit ihren künstlerischen Ambitionen als ungeeignet für Werbezwecke und wurde prompt mit einem Verbot belegt, auch wenn er zur Schulung von Kameraleuten der Propagandakompanie diente. Zielkes von Avantgardebewegungen inspirierte visuelle Erfindungskraft begeisterte jedoch Riefenstahl und ihr Team, die zahlreiche seiner Einfälle aufgriffen.
 
Zum anderen läuft mit Paul Verhoevens Starship Troopers (1997) die subversive Kulmination von Blockbuster-Propaganda á la Hollywood. Die aufwendigen Arrangements von Triumph des Willens, Riefenstahls "meisterhafte Orchestrierung von filmischen und psychologischen Komponenten" (Vogel) sind in der Kinogeschichte immer wieder zitiert worden und insbesondere nach einer vollends apolitischen Riefenstahl-Renaissance in den 1970ern wurden ihre Inszenierungen in populären Filmen wie Star Wars (1977) nachgebildet. Auch bei Starship Troopers wird Riefenstahl zitiert, als Teil von Verhoevens satirischer Verdichtung und gleichzeitiger Unterwanderung des Propaganda-Arsenals von Kino und Popkultur – ein bitterböser Abgesang auf die Filmkunst (und ihre kommerzielle Ausprägung) als Leitmedium des 20. Jahrhunderts. (Christoph Huber)
 
Der gebürtige Wiener Jude Amos Vogel (1921–2012) wurde nach der Emigration in die USA eine der wichtigsten Figuren der internationalen Filmkultur. Die Reihe Amos-Vogel-Atlas widmet sich der Weiterführung seines widerständigen Erbes parallel zur Beforschung seines Nachlasses im Filmmuseum mit Schwerpunkt auf Raritäten aus der Sammlung.
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