Geschichte

Ausgehend von ihren Erfahrungen als junge Filmveranstalter im Cinestudio der Hochschülerschaft an der Technischen Hochschule Wien, gründeten Peter Konlechner (1936–2016) und der Filmemacher Peter Kubelka (geb. 1934) im Februar 1964 das Österreichische Filmmuseum. Als Obmann des Vereins fungierte von Beginn an der in der Hochschülerschaft aktive Rechtsanwalt Dr. Heinrich Wille (1938–2018). Bereits 1965 nahm die Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF) – die weltweite Organisation aller bedeutenden Archive – das Filmmuseum als Vollmitglied auf. 

 
Oberstes Ziel der beiden Gründer war es, in Österreich ein Zentrum für die konsequente, hochwertige Präsentation und Bewahrung der internationalen Filmgeschichte zu etablieren. Als Vorbilder galten ihnen die Cinémathèque Française, das National Film Archive in London und die Filmabteilung des Museum of Modern Art in New York. Film sollte auch in Österreich als wichtigste Ausdrucksform der Moderne und als wichtigste zeitgeschichtliche Quelle des 20. Jahrhunderts verstanden werden. Im Zentrum stand daher von Beginn an eine Verknüpfung vielfältiger Aktivitäten – Bewahrung, Restaurierung, Vermittlung, Reflexion und umfassende Präsentation des Mediums unter den bestmöglichen Bedingungen.

Als "eine der agilsten Cinémathèquen Europas" (Der Spiegel) ließ das Filmmuseum mit seinen Programmen schon früh aufhorchen. Die umfassenden Retrospektiven der 1960er und 70er Jahre nahmen im deutschsprachigen Raum eine Sonderstellung ein und wurden europaweit gewürdigt. 1984 organisierte das Filmmuseum den ersten Wiener Kongress der FIAF.

Zu den programmatischen Schwerpunkten der ersten Jahrzehnte zählten etwa der Avantgardefilm, die Filmkomiker der 1920er und 30er Jahre (z.B. die Wiederentdeckung von Mae West, W.C. Fields und den Marx Brothers), der sowjetische Revolutionsfilm, die klassischen amerikanischen Filmgenres, das Thema Propagandafilm oder die Meister des japanischen Kinos. Das Filmmuseum setzte viele dieser Themen offensiv durch und steigerte das Interesse dafür im In- und Ausland.

 

Seit Oktober 1965 werden die Retrospektiven im hauseigenen Kino gezeigt, das sich im Gebäude der Albertina, hinter der Wiener Staatsoper befindet. Zum 25-Jahr-Jubiläum des Hauses wurde hier im Herbst 1989 das "Unsichtbare Kino" nach dem Konzept von Peter Kubelka eröffnet: ein schwarz-in-schwarz gehaltener Vorführsaal, eine "Seh- und Hörmaschine", die höchstmögliche Konzentration auf das filmische Ereignis selbst anstrebt. Seit November 2002 ist das Filmmuseum mit einer komplett erneuerten und erweiterten Bild- und Tontechnik ausgestattet, die es erlaubt, neben sämtlichen Bildformaten der Filmgeschichte auch die zeitgenössischen Ton- und Videosysteme auf höchstem Niveau wiederzugeben.

 

Im Programmarchiv befinden sich alle Programme seit der Gründung 1964.
 

Die Sammlung bedeutender Beispiele des Mediums Films ist seit den 1960er Jahren stetig angewachsen. Das Filmmuseum hat von Beginn an relevante Beispiele aus allen Bereichen erworben: Klassiker des internationalen Kinos, Avantgardefilme, historische Filmdokumente und Wochenschauen, Werbe- und Propagandafilme usw. Die Film- und Fotosammlungen wurde Anfang der 1980er Jahre am Standort in Wien-Nußdorf zusammengeführt. Hier wurde das erste österreichische Klimadepot für Sicherheitsfilm eingerichtet. Die Nitrofilme der Sammlung sind seit den 70er Jahren in einem separaten, vollklimatisierten Lager außerhalb Wiens aufbewahrt.

 

Der zeitgenössische unabhängige Film mit seinen prekären Überlieferungsbedingungen zählt ebenso zu den wichtigen Sammlungsgebieten des Hauses wie der Bereich der deutschsprachigen Filmemigration. Der von Peter Kubelka kuratierte Sammlungszyklus "Was ist Film", ein grundlegender Überblick über das Potential des Mediums, konnte 1995/96 im Rahmen der Hundertjahrfeier des Films vervollständigt werden.

Die ursprünglichen Grundsätze der Filmmuseumsarbeit sind immer noch gültig: "Filme sind mit gleicher Obhut und gleichem Respekt wie Gemälde oder Plastiken zu sammeln, zu bewahren und zu präsentieren. Filmen gebührt der Stellenwert und die Behandlung von Kunstwerken. Filme sind spezifische Produkte des geschichtlichen Gedächtnisses. Sie müssen wie historisches Quellenmaterial, wie Dokumente bewahrt und gezeigt werden: unverfälscht, ungekürzt, unkommentiert, unsynchronisiert."

 

Die beiden Gründer und langjährigen Leiter des Hauses, Peter Konlechner und Peter Kubelka, traten Ende 2001 in den Ruhestand. Alexander Horwath, Filmpublizist, Kurator und ehemaliger Leiter des Filmfestivals Viennale, wurde 2002 Direktor des Hauses und übernahm die Aufgabe, die vielfältigen Arbeitsbereiche des Filmmuseums zu erneuern und auszubauen. Mission Statement von Alexander Horwath

Nach 16 Jahren übergab Alexander Horwath am 1. Oktober 2017 die Leitung des Filmmuseums an Michael Loebenstein, dessen Bestellung einstimmig auf Vorschlag einer siebenköpfigen, zum Teil international besetzten Findungskommission erfolgt war. Michael Loebenstein war langjähriger Mitarbeiter des Hauses, bevor er zwischen 2011 und 2016 als Geschäftsführer des National Film and Sound Archive (NFSA) in Australien tätig wurde.


Seit 2005 ist der US-amerikanische Regisseur Martin Scorsese Ehrenpräsident des Österreichischen Filmmuseums, seit 2021 ist VALIE EXPORT unser Ehrenmitglied.

 

> Informationen zum Verein Österreichisches Filmmuseum
 
2014, anlässlich seines 50-jährigen Bestehens realisierte das Filmmuseum im Verlauf des Jubiläumsjahres insgesamt 21 verschiedene Projekte, die unter anderem auf die Geschichte, die Gründer, die Sammlungen und Positionen des Hauses, aber auch auf Zukunftsfragen Bezug nahmen.
 
Leseempfehlung
Fünfzig Jahre Österreichisches Filmmuseum
Die Geschichte und Gegenwart des Filmmuseums in drei Akten
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