89 mm od Europy (89 mm from Europe), 1993, Marcel Łoziński

Buchpräsentation

In den sechs Bänden der Buchreihe Wege. Spuren und Bahnen der Bewegung im Kino treffen Wegebauten und Bewegungsbilder aufeinander. Seit es das Kino gibt, wird das Furchen von Spuren und Legen von Bahnen durch Land- und Stadtschaften in bewegten Bildern präsentiert, reflektiert und differenziert. Eine der ältesten Fertigkeiten des Menschen, nämlich die Herstellung von Wegen vor Ort, stößt damit auf eine etwas gealterte, nämlich die Herstellung von Bewegung im Bild. Dabei begleiten die beiden Kulturtechniken des Wegebaus und des Filmemachens aneinander durch die Kinos und befruchten sich wechselseitig. Sie ziehen Spuren und bilden Bahnen. Diese Bahnungen und Spurungen führen zu jenem Reichtum ästhetischer Ausdrucksformen, der uns bis heute in die Kinos lockt. Wer – das Kino denkend – von Handlungsort, Schauplatz oder Spielraum spricht, meint meistens fest begrenzte, klar definierte Felder, in denen filmische Ereignisse ablaufen. Diese Handlungen und Bewegungen sind in der Theoriebildung des Kinos wohl erschlossen. Filmphilosophische Studien zu Zeit- und Bewegungsparadigmen seit den 1970er Jahren und Forschungen zum frühen Kino in den letzten Jahrzehnten haben wertvolle Ergebnisse zum Verständnis filmischer Bewegung erbracht. Wohin die Wege führen. Vademekum und Aufbruch (und Ankunft), die ersten beiden Bände der Buchreihe (Sonderzahl Verlag), knüpfen an diese Erkenntnisse an: Worauf bezieht sich Fortbewegung im Film? Braucht sie nicht, um wahrgenommen zu werden, ihr Anderes, nämlich den Weg? Eine Vielzahl von Analysen lenkt den filmwissenschaftlichen Eros von der Bewegung auf den Weg. Sie stellt die Bewegungsstudien der Filmtheorie, angelehnt an den (Neuen) Materialismus, vom Kopf auf die Füße. (Karl Sierek)

Präsentation von Karl Sierek
  
Im Rahmen der Buchpräsentation werden auch Filme gezeigt, u.a.:

89 mm od Europy (89 mm from Europe)
Ein Film von Marcel Łoziński. PL/FR, 1993, DCP (von 35mm), sw, 12 min

In Europa beträgt der Abstand zwischen Bahngleisen genau 1435 Millimeter, während die Schienen auf dem Gebiet derehemaligen Sowjetunion 1524 Millimeter auseinander liegen. Der Unterschied beträgt 89 Millimeter. Eine Zahl mit symbolischer Bedeutung löst eine Idee aus. Marcel Łoziński geht zur Bahnstation an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland, wo jeder Zug halten muss, bis alle Waggons ausgetauscht sind. Weißrussische Arbeiter schwitzen beim Hantieren mit schwerem Eisen, Reisende aus verschiedenen Ländern bleiben im Zug, warten und beobachten. Es gibt keinen Kontakt zwischen ihnen, bis ein neugieriger Junge aus einem der Waggons auf den Bahnsteig springt und zu dem ersten Arbeiter läuft. Marcel Łozińskis Kurzfilm wurde für den Oscar nominiert und ist eine einzigartige Verschmelzung von politischem Engagement und Poesie.
 
Freier Eintritt, freiwilliger Solidarbeitrag (1 Euro) zugunsten der Aktion Kulturpass

Spieltermine: