
71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls
Michael Haneke, AT/DE 1994Drehbuch: Michael Haneke; Kamera: Christian Berger; Schnitt: Marie Homolková; Musik: Johann Sebastian Bach; Darsteller*innen: Lukas Miko, Otto Grünmandl, Anne Bennent, Udo Samel. 35mm, Farbe, 96 min. Deutsch
"Am 23.12.93 erschoß der 19-jährige Student Maximilian B. in der Zweigstelle einer Wiener Bank drei Menschen und tötete sich kurz darauf selbst mit einem Schuß in den Kopf." – Mit dieser Einblende beginnt, am Vortag von Heiligabend, der kommentarlose und im Geiste der Erzähltraditionen der klassischen Moderne stehende Film. Einundsiebzig Vignetten zeigen eine bzw. viele mögliche Vorgeschichten, deren Genese vor allem im Kopf des Publikums stattfindet. Bis sich die im Vorspann angekündigte Gewalt so wenig überraschend wie eruptiv entlädt. Der Ausgang der Geschichte steht folglich schon am Anfang fest; dazwischen liegt eine alles andere als willkürliche – aus Montagen von TV-Ausschnitten, bruchstückhaften Alltagsszenen und knappen Dialogen sich zusammensetzende – assoziative Chronik von Menschen, die nichts anderes verbindet, als dass sie, zufällig, Opfer dieses Täters werden. Ein Film zur Realität unserer Wahrnehmung, wider die im Mainstream vorgetäuschten falschen Ganzheiten. (K.M.)