Arne Sucksdorff
Das große Abenteuer
8. Dezember 2022 bis 5. Jänner 2023
Die 16 kurzen und vier langen Filme, die Arne Sucksdorff (1917–2001) zwischen 1940 und 1965 drehte, machten ihn zu Schwedens berühmtesten Dokumentaristen. Die Grenzlinie zwischen Fiktion und Dokumentarfilm ist durchlässig und eine Frage der Perspektive: Sucksdorff inszenierte seine Filme und verbrachte oft Stunden mit dem Warten auf den richtigen Augenblick, um seine genau geplanten Einstellungen einzufangen. Er führte selbst die Kamera und sein Werk zählt zum visuell Erstaunlichsten im schwedischen Kino.
Im Frühwerk ging es Sucksdorff nicht nur darum, die Wechselbeziehung von Mensch und Natur einzufangen, sondern auch um die Darstellung der Veränderung und Bedrohung der natürlichen Ordnung (wie grausam sie auch sein mag) durch den Menschen. Doch mit der Zeit verschwand der Mensch aus seinen Naturbildern, was sich auch auf der Tonspur niederschlug: Die allgegenwärtige Erzählstimme der frühen Werke wurde zusehends durch Musik und natürliche Geräusche abgelöst. Und wenn Zivilisation und Menschheit in diesen Kurzfilmen ins Zentrum rücken, dann konzentriert sich Sucksdorff auf Randgruppen wie die Samen (Vinden från vaster, Wind from the West, 1942) oder die Roma (Uppbrott, Open Road, 1948).
Sucksdorffs ersten Langfilm kann man als Vollendung dieser Werkphase sehen: Det stora äventyret (Das große Abenteuer, 1953) handelt von zwei Buben, die in der Natur viel glücklicher sind als in der Welt der Erwachsenen und sich heimlich um einen verlassenen Otter kümmern. Mit dem in Indien gedrehten, berauschend schönen Breitwandfilm En djungelsaga (Dschungelsaga, 1957) wechselte Sucksdorff zur Farbe, bevor er sich wieder in Schweden mit Pojken i trädet (Die Wilderer vom Teufelsmoor, 1961) einmalig am Spielfilm versuchte. Schließlich ließ er sich in Brasilien nieder, wo er dann in Mitt hem är Copacabana (Mein Heim ist Copacabana, 1965) das Leben von Straßenkindern in Rio de Janeiro einfing.
Ironischerweise zeigt sich dabei, wie im oscarprämierten Kurzfilm Människor i stad (Rhythm of a City, 1947), dass dieser große Naturfilmer seine Meisterwerke in Städten drehte, als hätte die Erfahrung beim Filmen von Landschaften und Tieren seinen Blick dafür geschärft, in Stadtaufnahmen Zusammenhänge und Strukturen zu offenbaren, die andere Regisseure nicht sehen konnten. Sucksdorffs größte Gabe mag letztlich nicht die Darstellung von Natur und Tierwelt gewesen sein, sondern von Kindern und Jugendlichen, die Protagonist*innen aller seiner Langfilme sind. Er zeigte ihre Unschuld und Träume ebenso wie ihre Nöte und die Hindernisse, die sie überwinden müssen – ob nördlich des Polarkreises in Schweden, auf zentralindischen Hochplateaus oder in den Favelas von Rio. (Jon Wengström)
In Kooperation mit der Schwedischen Botschaft Wien
Alle Kopien stammen aus der Sammlung des Swedish Film Institute
In Anwesenheit von Jon Wengström am 8. und 9.12.
Die 16 kurzen und vier langen Filme, die Arne Sucksdorff (1917–2001) zwischen 1940 und 1965 drehte, machten ihn zu Schwedens berühmtesten Dokumentaristen. Die Grenzlinie zwischen Fiktion und Dokumentarfilm ist durchlässig und eine Frage der Perspektive: Sucksdorff inszenierte seine Filme und verbrachte oft Stunden mit dem Warten auf den richtigen Augenblick, um seine genau geplanten Einstellungen einzufangen. Er führte selbst die Kamera und sein Werk zählt zum visuell Erstaunlichsten im schwedischen Kino.
Im Frühwerk ging es Sucksdorff nicht nur darum, die Wechselbeziehung von Mensch und Natur einzufangen, sondern auch um die Darstellung der Veränderung und Bedrohung der natürlichen Ordnung (wie grausam sie auch sein mag) durch den Menschen. Doch mit der Zeit verschwand der Mensch aus seinen Naturbildern, was sich auch auf der Tonspur niederschlug: Die allgegenwärtige Erzählstimme der frühen Werke wurde zusehends durch Musik und natürliche Geräusche abgelöst. Und wenn Zivilisation und Menschheit in diesen Kurzfilmen ins Zentrum rücken, dann konzentriert sich Sucksdorff auf Randgruppen wie die Samen (Vinden från vaster, Wind from the West, 1942) oder die Roma (Uppbrott, Open Road, 1948).
Sucksdorffs ersten Langfilm kann man als Vollendung dieser Werkphase sehen: Det stora äventyret (Das große Abenteuer, 1953) handelt von zwei Buben, die in der Natur viel glücklicher sind als in der Welt der Erwachsenen und sich heimlich um einen verlassenen Otter kümmern. Mit dem in Indien gedrehten, berauschend schönen Breitwandfilm En djungelsaga (Dschungelsaga, 1957) wechselte Sucksdorff zur Farbe, bevor er sich wieder in Schweden mit Pojken i trädet (Die Wilderer vom Teufelsmoor, 1961) einmalig am Spielfilm versuchte. Schließlich ließ er sich in Brasilien nieder, wo er dann in Mitt hem är Copacabana (Mein Heim ist Copacabana, 1965) das Leben von Straßenkindern in Rio de Janeiro einfing.
Ironischerweise zeigt sich dabei, wie im oscarprämierten Kurzfilm Människor i stad (Rhythm of a City, 1947), dass dieser große Naturfilmer seine Meisterwerke in Städten drehte, als hätte die Erfahrung beim Filmen von Landschaften und Tieren seinen Blick dafür geschärft, in Stadtaufnahmen Zusammenhänge und Strukturen zu offenbaren, die andere Regisseure nicht sehen konnten. Sucksdorffs größte Gabe mag letztlich nicht die Darstellung von Natur und Tierwelt gewesen sein, sondern von Kindern und Jugendlichen, die Protagonist*innen aller seiner Langfilme sind. Er zeigte ihre Unschuld und Träume ebenso wie ihre Nöte und die Hindernisse, die sie überwinden müssen – ob nördlich des Polarkreises in Schweden, auf zentralindischen Hochplateaus oder in den Favelas von Rio. (Jon Wengström)
In Kooperation mit der Schwedischen Botschaft Wien
Alle Kopien stammen aus der Sammlung des Swedish Film Institute
In Anwesenheit von Jon Wengström am 8. und 9.12.
Zusätzliche Materialien
Fotos 2022 - Jon Wengström