Reise ins Archiv

Plakat Lana Gogoberidze
Was unterscheidet ein Filmmuseum von Programmkinos, Filmclubs oder historischen Programmschwerpunkten auf Filmfestivals? Im Zeitalter der scheinbar mühelosen digitalen Verfügbarkeit, der "Filmgeschichte auf Knopfdruck", verschwimmen diese Unterschiede. Neu, alt, Kult, Klassiker: bunt gemischt, alles Teil einer neuen Kultur des Neben- und Durcheinanders.

So produktiv das ist, so verwirrend ist es. Wenn alles möglich scheint, fällt es schwer, Prioritäten zu setzen. Und wenn es heißt "alles ist verfügbar", dann stimmt das leider nicht. Film ist in erster Linie ein Geschäft, eine Ware, ein Spekulationsobjekt, und der Markt regelt nicht alles.
 
Als Museum, das heuer sein 60-jähriges Bestehen feiert, sind wir in einer privilegierten Position. Nicht nur, dass wir über eine Sammlung verfügen, die die Geschichte des Films von den Lumières bis in die digitale Gegenwart widerspiegelt. Wir sind auch seit 60 Jahren Mitglied der Fédération Internationale des Archives du Film (FIAF), was uns Zugang zu Archivschätzen ermöglicht, die Festivals und kommerziellen Kinos verschlossen bleiben.
 
Unser Winterprogramm verbindet beides: Einerseits Programme, die sich aus unserer umfangreichen Filmsammlung speisen und sich zum Jahreswechsel und zum Abschluss unseres Jubiläumsjahres den Ikonen des Filmmuseums wie dem Zauberer von Oz, den Marx Brothers und dem Fabelwesen Zyphius (dem wir eine Filmauswahl mit Seemonstern schenken) widmen. Zum anderen unternehmen wir in Kooperation mit Archiv- und Museumspartnern u.a. aus den USA, Großbritannien, Italien, Schweden, Slowenien und Deutschland filmische Entdeckungsreisen in bisher in Wien unbekannte Gefilde der Filmgeschichte. Hier möchte ich vor allem auf unsere aufschlussreiche Schau über die georgische Regisseurin Lana Gogoberidze hinweisen: eine der ganz Großen des Weltkinos und ein weiterer Versuch, das Werk von weniger bekannten Frauen auf die Leinwand zu bringen.

Bei Lana Gogoberidze geht es, so Gaby Babić und Barbara Wurm, um die transgenerationale Weitergabe von Wissen, um eine Reise ins Bildarchiv der eigenen Geschichte. Eine solche ist auch das großartige Regiedebüt von Alexander Horwath. Wir freuen uns, anlässlich des 60. Geburtstags des Filmmuseums und unseres langjährigen Direktors seinen preisge-krönten Film Henry Fonda for President im Filmmuseum zu zeigen. Ein Film, der das Kino, den Film als Kunstform und den Film als Zeitdokument mit den Mitteln des Kinos reflektiert, umrahmt von einer Reihe von Double Features mit Henry Fonda und James Stewart.
 
Das Jahresende verbringen Sie hoffentlich im "Unsichtbaren Kino"! Wir packen einstweilen Kisten: denn mit Jahresanfang übernehmen wir unser neues Museumsdepot im Wiener Arsenal. In den ersten Monaten des Jahres 2025 brechen also auch wir auf: mehr als 100 Tonnen unserer Sammlungen – Filme, filmbezogene Materialien, Arbeitsgeräte, Mobiliar sowie mehr als ein Dutzend Mitarbeiter*innen verlassen unser Archivgebäude in Heiligenstadt und übersiedeln ins neu errichtete "Filmmuseum LAB".

Wie ich bereits im Editorial im Jänner dieses Jahres sagte: "1964, vor 60 Jahren, begannen Peter Konlechner und Peter Kubelka damit, als Verein Österreichisches Filmmuseum an verschiedenen Orten Wiens Filme zu zeigen. Der Rest ist (lebendige) Geschichte, die wir mit Begeisterung in die Zukunft führen."

Michael Loebenstein

Dank

Lana Gogoberidze; Salomé Alexi; Gaby Babić; Barbara Wurm; Carmen Accaputo (Cineteca di Bologna); Susan Oxtoby, Jon Shibata (Pacific Film Archive); Richard Hillard (British Film Institute); Annette Lingg, Gesa Knolle, Carsten Zimmer (Arsenal); Petteri Kalliomäki (Finnish Film Archive); Axel Töpfer (Kinemathek Le Bon Film); Ivan Nedoh, Darko Štrukelj, Bojana Živec (Slovenska Kinoteka); Jon Wengström (Swedish Film Institute); Anja Czioska; Franzis Kabisch; Ulrike Ottinger; Ursula Pürrer; Ashley Hans Scheirl; Dagmar Brunow; Marija Milovanovic (Lemonade Films)
   
Vielen Dank an unsere Programmpartner*innen!

Impressum

Medieninhaber: Österreichisches Filmmuseum. Für den Inhalt verantwortlich: Christoph Huber, Tom Waibel; alle: 1010 Wien, Augustinerstraße 1. Corporate Design, Grafik und Produktion: Gabi Adébisi-Schuster. Druck: Medienfabrik Graz. Fotos: Soweit nicht anders ausgewiesen stammen die Bilder aus der Fotosammlung Österreichisches Filmmuseum.

 

Mitwirkende

Kuratierung/Texte/Moderationen/Einführungen

Gaby Babić (G.B.), Kuratorin
Alejandro Bachmann (A.B.), Filmwissenschafter
Dagmar Brunow (D.B.), Filmwissenschafterin
Alexander Horwath (A.H.), Filmemacher
Johann Lurf (J.L.), Filmemacher
Harry Tomicek (H.T.), Philosoph
Barbara Wurm (B.W.), Kuratorin
 
Österreichisches Filmmuseum:
Christoph Huber (C.H.), Kurator
Stefan Huber (S.H.), Vermittlung
Michael Loebenstein (M.L.), Direktor
Katharina Müller (K.M.), Forschung
Andrea Pollach (A.P.), Programm
Elisabeth Streit (E.S.), Bibliothek
Tom Waibel (T.W.), Amos Vogel Library