Regie, Drehbuch: Erich von Stroheim nach seiner Erzählung The Pinnacle; Kamera: Ben Reynolds; Darsteller: Erich von Stroheim, Gibson Gowland, Sam De Grasse, Francelia Billington. USA, 1919, Farbe (Virage und Tonung), 100 min (19 B/Sek). Engl. ZT
Restaurierte Fassung 2021
Restaurierung Blind Husbands
1982 erhielt das Österreichische Filmmuseum von den Nachfahren eines Kinobetreibers eine 35mm Positivkopie von Blind Husbands mit dem deutschsprachigen Verleihtitel "Blinde Ehemänner (Die Rache der Berge)". Diese viragierte Kopie aus Nitrocellulose wurde 1921 von der American Film Company in die österreichischen Kinos gebracht, zwei Jahre nach dem Kinostart in den USA. Wie in einer Filmsammlung üblich wird jeder Neuzugang überprüft, gemessen und mit der bisher bekannten Version des gleichen Films verglichen. So auch "Blinde Ehemänner", der mit der weltweit bekannten und auf das Museum of Modern Art zurückgehenden amerikanischen Fassung verglichen wurde.
Die amerikanische Version, eine Kopie des gekürzten Originalnegativs, misst 1883 Meter, die österreichische Version 2045 Meter: Ein Unterschied von 7 Minuten! Ein detaillierter Vergleich, Einstellung für Einstellung, zeigt genau, dass es Unterschiede in der Länge der einzelnen Einstellungen gibt, obwohl der Ablauf und die Handlung des Films weitgehend identisch sind. In der amerikanischen Version ist fast jede Szene ein wenig kürzer als in der österreichischen. Darüber hinaus gibt es 41 Einstellungen, die nur in der österreichischen Version enthalten sind. Denn Blind Husbands wurde im Jahr 1924 in einer gekürzten Fassung in den USA wiederveröffentlicht. Der Vergleich bestätigt die Vermutung, dass alle heute überlieferten Fassungen des Films von dieser kürzeren Version abstammen – somit scheint die österreichische Fassung näher an der Urfassung von 1919 zu sein. Die im Filmmuseum erhaltene Fassung ist vermutlich die älteste und vollständigste weltweit, da das Originalnegativ des Films von Universal zuerst gekürzt und in den 1940er Jahren zerstört wurde.
In den Archiven der Universal Studios fanden sich auf Vermittlung des Stroheim-Historikers Richard Koszarski und mit Hilfe der Archivarin Janice Simpson das Originaldrehbuch und das continuity script von Blind Husbands. Diese Dokumente sind wertvoll, da sie einen genaueren Vergleich zwischen den beiden Quellen und der (nicht mehr existenten) Originalfassung ermöglichen. Das continuity script gibt die Szenen an, die entfernt wurden, aber auch die Länge der einzelnen Akte und die Farbpalette für die verschiedenen Szenen.
2018 beschloss das Filmmuseum eine Restaurierung und Rekonstruktion vorzunehmen, die der Originalfassung von 1919 entspricht, wie sie im continuity script dargestellt ist. Die Hauptquelle für die Restaurierung bildete die Nitrokopie aus dem österreichischen Filmmuseum. Statt der deutschsprachigen Zwischentitel, die der österreichische Verleiher eingefügt hatte, wurden die Originaltitel aus der amerikanischen Version verwendet.
Für die Restaurierung wurden beide Elemente in hoher Auflösung (4K) von ARRI München und Listo Media in Wien digitalisiert. Die österreichische Nitrokopie aus dem Jahr 1921 ist, nachdem sie Jahrzehnte auf einem Dachboden im südösterreichischen Burgenland verbracht hatte, in einem fragilen Zustand und zeigt an einigen Stellen erste Zersetzungserscheinungen, die die Bildqualität bereits leicht beeinträchtigt haben. Deshalb war vor dem Scannen eine umfangreiche manuelle Restaurierung des Materials erforderlich. Die Positivkopie aus der Sammlung des Museum of Modern Art ist ebenfalls in schlechtem Zustand: Das bereits Jahrzehnte alte Material auf Azetatzellulose befindet sich in einem fortgeschrittenen Stadium der Azetatzersetzung. Daher wurde stattdessen das Duplikatnegativ, das von der MoMA-Kopie gezogen wurde, für das Scannen der Titel und einige in der österreichischen Fassung fehlende Einstellungen verwendet (durchgeführt von der Firma Listo Media in Wien). Danach wurden die Scans beider Elemente digital bearbeitet und das Bild stabilisiert und restauriert. Zwei kurze Zwischentitel, die in der MoMA-Fassung nicht erhalten sind, wurden auf Basis der Produktionsunterlagen digital neu erstellt und eingefügt.
Die amerikanische Version, eine Kopie des gekürzten Originalnegativs, misst 1883 Meter, die österreichische Version 2045 Meter: Ein Unterschied von 7 Minuten! Ein detaillierter Vergleich, Einstellung für Einstellung, zeigt genau, dass es Unterschiede in der Länge der einzelnen Einstellungen gibt, obwohl der Ablauf und die Handlung des Films weitgehend identisch sind. In der amerikanischen Version ist fast jede Szene ein wenig kürzer als in der österreichischen. Darüber hinaus gibt es 41 Einstellungen, die nur in der österreichischen Version enthalten sind. Denn Blind Husbands wurde im Jahr 1924 in einer gekürzten Fassung in den USA wiederveröffentlicht. Der Vergleich bestätigt die Vermutung, dass alle heute überlieferten Fassungen des Films von dieser kürzeren Version abstammen – somit scheint die österreichische Fassung näher an der Urfassung von 1919 zu sein. Die im Filmmuseum erhaltene Fassung ist vermutlich die älteste und vollständigste weltweit, da das Originalnegativ des Films von Universal zuerst gekürzt und in den 1940er Jahren zerstört wurde.
In den Archiven der Universal Studios fanden sich auf Vermittlung des Stroheim-Historikers Richard Koszarski und mit Hilfe der Archivarin Janice Simpson das Originaldrehbuch und das continuity script von Blind Husbands. Diese Dokumente sind wertvoll, da sie einen genaueren Vergleich zwischen den beiden Quellen und der (nicht mehr existenten) Originalfassung ermöglichen. Das continuity script gibt die Szenen an, die entfernt wurden, aber auch die Länge der einzelnen Akte und die Farbpalette für die verschiedenen Szenen.
2018 beschloss das Filmmuseum eine Restaurierung und Rekonstruktion vorzunehmen, die der Originalfassung von 1919 entspricht, wie sie im continuity script dargestellt ist. Die Hauptquelle für die Restaurierung bildete die Nitrokopie aus dem österreichischen Filmmuseum. Statt der deutschsprachigen Zwischentitel, die der österreichische Verleiher eingefügt hatte, wurden die Originaltitel aus der amerikanischen Version verwendet.
Für die Restaurierung wurden beide Elemente in hoher Auflösung (4K) von ARRI München und Listo Media in Wien digitalisiert. Die österreichische Nitrokopie aus dem Jahr 1921 ist, nachdem sie Jahrzehnte auf einem Dachboden im südösterreichischen Burgenland verbracht hatte, in einem fragilen Zustand und zeigt an einigen Stellen erste Zersetzungserscheinungen, die die Bildqualität bereits leicht beeinträchtigt haben. Deshalb war vor dem Scannen eine umfangreiche manuelle Restaurierung des Materials erforderlich. Die Positivkopie aus der Sammlung des Museum of Modern Art ist ebenfalls in schlechtem Zustand: Das bereits Jahrzehnte alte Material auf Azetatzellulose befindet sich in einem fortgeschrittenen Stadium der Azetatzersetzung. Daher wurde stattdessen das Duplikatnegativ, das von der MoMA-Kopie gezogen wurde, für das Scannen der Titel und einige in der österreichischen Fassung fehlende Einstellungen verwendet (durchgeführt von der Firma Listo Media in Wien). Danach wurden die Scans beider Elemente digital bearbeitet und das Bild stabilisiert und restauriert. Zwei kurze Zwischentitel, die in der MoMA-Fassung nicht erhalten sind, wurden auf Basis der Produktionsunterlagen digital neu erstellt und eingefügt.
Der letzte Schritt der Restaurierung war die Wiederherstellung der Farben, die für die Dramaturgie des Films sehr wichtig sind. Da das Continuity-Drehbuch Farbanweisungen enthält, kann davon ausgegangen werden, dass Blind Husbands bei der Uraufführung Farben durch Viragierung und Tonung enthielt. Für die Restaurierung von Stroheims Foolish Wives hatten Kolleg*innen des Museum of Modern Art bereits das Farbschema, das Stroheim in seinen Filmen verwendete, sowie die Farbschemas von weiteren Universal-Produktionen aus dieser Zeit recherchiert. Die Farben von Blind Husbands – Amber für die Abendszenen, Blau für die Nachtszenen und Schwarz-Weiß für die Tagesszenen – entsprechen diesem Farbschema zum Großteil. Da die Originalfarben weder in der österreichischen noch in der amerikanischen Fassung erhalten sind, wurden sie digital rekonstruiert.
Ein musical cuesheet von 1920 verrät, dass der Film bei seinem ersten Kinoeinsatz mit 19 Bildern pro Sekunde abgespielt wurde. Diese Geschwindigkeit wurde daher auch bei der Restaurierung berücksichtigt und mittels digitaler Nachbearbeitung simuliert.
Ein musical cuesheet von 1920 verrät, dass der Film bei seinem ersten Kinoeinsatz mit 19 Bildern pro Sekunde abgespielt wurde. Diese Geschwindigkeit wurde daher auch bei der Restaurierung berücksichtigt und mittels digitaler Nachbearbeitung simuliert.
Digitale Restaurierung: Nadja Šičarov, Lena Stötzel
Materialrecherche und Vorbereitung: Claudio Santancini, Ivana Miloš, Janneke van Dalen, Paolo Caneppele
Recherche und Projektleitung: Michael Loebenstein, Janneke van Dalen
Scanning: ARRI Media (München), Listo Media (Wien)
Archivpartner: Museum of Modern Art (New York), NBCUniversal Archives & Collections
Musikauftrag: ZDF/ARTE, 2eleven music, Wiener Konzerthaus, Elbphilharmonie Hamburg
Komposition: Andreas Eduardo Frank
Ausführung: ensemble recherche (Freiburg)
Für die Unterstützung der Restaurierung danken wir unserem Sponsor ARRI Media, ZDF/ARTE, sowie Nina Goslar, Richard Koszarski, James Layton, Katie Trainor, Theo Harrison (Museum of Modern Art), Rob Byrne (San Francisco Silent Film Festival), Caroline Fournier und Maral Mohsenin (Cinémathèque suisse), Jeff Pirtle und Janice Simpson (NBCUniversal Archives & Collections)
Premiere der restaurierten Fassung:
Weltpremiere (restaurierte Fassung/Neuvertonung): Wiener Konzerthaus, 3. Oktober 2021
US-Premiere der restaurierten Fassung: MoMA, 15. Jänner 2022
Internationale Premiere der Neuvertonung: Elbphilharmonie Hamburg, 19. Mai 2022
Sendetermin: arte, 14. Dezember 2021
Materialrecherche und Vorbereitung: Claudio Santancini, Ivana Miloš, Janneke van Dalen, Paolo Caneppele
Recherche und Projektleitung: Michael Loebenstein, Janneke van Dalen
Scanning: ARRI Media (München), Listo Media (Wien)
Archivpartner: Museum of Modern Art (New York), NBCUniversal Archives & Collections
Musikauftrag: ZDF/ARTE, 2eleven music, Wiener Konzerthaus, Elbphilharmonie Hamburg
Komposition: Andreas Eduardo Frank
Ausführung: ensemble recherche (Freiburg)
Für die Unterstützung der Restaurierung danken wir unserem Sponsor ARRI Media, ZDF/ARTE, sowie Nina Goslar, Richard Koszarski, James Layton, Katie Trainor, Theo Harrison (Museum of Modern Art), Rob Byrne (San Francisco Silent Film Festival), Caroline Fournier und Maral Mohsenin (Cinémathèque suisse), Jeff Pirtle und Janice Simpson (NBCUniversal Archives & Collections)
Premiere der restaurierten Fassung:
Weltpremiere (restaurierte Fassung/Neuvertonung): Wiener Konzerthaus, 3. Oktober 2021
US-Premiere der restaurierten Fassung: MoMA, 15. Jänner 2022
Internationale Premiere der Neuvertonung: Elbphilharmonie Hamburg, 19. Mai 2022
Sendetermin: arte, 14. Dezember 2021
Die im Filmmuseum erhaltene historische Kopie wurde bereits 2006 (mit Musikbegleitung von Günter A. Buchwald) auf DVD veröffentlicht. Die Restaurierung von 2021 unterscheidet sich von dieser DVD-Veröffentlichung durch die Bildrestaurierung, das Einfügen englischer Zwischentitel und die digitale Rekonstruktion der ursprünglichen Virage und Tonung.