Die "Schlemmer-Filmkadersammlung" ist Eigentum von Edith Schlemmer, der langjährigen Archivleiterin des Österreichischen Filmmuseums.
Frau Schlemmer hatte die betreffenden Objekte in den 1960er Jahren von einem Privatsammler erhalten und nach ihrer Pensionierung
beschlossen, sie dem Filmmuseum für Forschungs- und Publikationszwecke zur Verfügung zu stellen.
Dieser kleine Schatz besteht aus 2254 Filmkadern und -fragmenten, die in 67 selbstgemachten Kuverts übergeben wurden. Die
Filme, denen die Kader vom ursprünglichen Sammler entnommen wurden, sind fast durchwegs Stummfilme, vor allem aus den Jahren
1910 bis 1920 – und viele dieser Filme gelten heute als verloren. Einige Kuverts trugen Aufschriften bzw. Titel wie Griechen (Filmkader mit Bezug zu antiken Stoffen) oder Wildwest (Kader aus Western). Andere waren typologisch organisiert, z.B. Serien mit Titeln wie Kinderaufnahmen oder Farbaufnahmen (letztere waren meist schablonenkolorierte Filmkader). Manche Kuverts waren mit den Namen der Hauptdarsteller*innen beschriftet.
Auf 10 Kuverts war der österreichische Verleihtitel (bzw. eine Annäherung daran) verzeichnet. Mehr als 50% der Kader befanden
sich in unbeschrifteten Kuverts, geordnet nach einem System, das auf den ersten Blick eher chaotisch erschien.
Die Schlemmer-Sammlung wurde im Jahr 2007 digitalisiert und geordnet, mit dem Ziel, die einzelnen Kader-Elemente – d.h. die
Filme, denen sie entstammen – zu identifizieren und zu katalogisieren. Derzeit sind etwa 35% der Sammlung identifiziert. Der
Forschungs- und Identifikationsprozess wird noch mehrere Jahre andauern. Parallel zum Beginn der Arbeit wurde eine Bilddatenbank
für die einzelnen Elemente angelegt, die auch online verfügbar ist.
Obwohl viele Filmarchive Sammlungen dieser Art besitzen, ist dies das erste Mal, dass ein solches Konvolut einer detailierten
wissenschaftlichen Betrachtung unterzogen wird. Eines der Ziele des Filmmuseums ist es, diese Bilder – und damit auch die
besondere Schönheit der Farben und der Fotografie im frühen Kino – einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Zugleich
entsteht hiermit eine neue Forschungsressource für Historiker und Archivare. Wir möchten mit der Veröffentlichung dieser Sammlung
aber auch die Debatte über die "Öffnung der Archive" erweitern und das Augenmerk auf die "Waisenkinder" unter den weltweiten
Beständen der Filmarchive richten.
Kontakt:
Paolo Caneppele
Nicht-filmische Sammlungen (Leitung)
Nicht-filmische Sammlungen (Leitung)
T +43 | 1 | 533 70 54 DW 211