Wankostättn, 2023, Karin Berger

Film-Talk

Wankostättn

Ö 2023

Ab 16 Jahren
Film kann im Sinne der Oral History Zeug*innenschaft protokollieren, ermöglicht die Archivierung, Vervielfältigung und Verbreitung von Gesagtem. Dem Film als Medium ist aber das Prinzip der Zeug*innenschaft viel umfassender eingeschrieben: Aufgezeichnet wird der konkrete Moment, in dem eine Person spricht, wie sie aussieht, welche Gestik und Stimmlage die Worte begleiten, an welchen Orten sie spricht und wie sie diese Orte dadurch einbezieht. 

Karin Bergers Filme über die Familie Stojka nutzen all diese Möglichkeiten des Films und sind deswegen so wertvoll. Die Familie war als Lovara (eine Gruppe der Rom*nja und Sinti*zze) der Verfolgung durch den Nationalsozialismus ausgesetzt. Karl Stojka überlebte als Kind das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Ein Interview, das Karin Berger 1997 mit ihm führte, wurde nun unter dem Titel Wankostättn veröffentlicht. Stojka geht darin durch eine Gasse im 10. Wiener Gemeindebezirk, erzählt vom Wagenplatz, der sich in den 1930er Jahren dort befand. Die Kamera macht deutlich, dass dieser Ort schon lange verschwunden ist. Gewaltsam verschwunden, genau wie viele der Verwandten und Freund*innen Stojkas, die ermordet wurden, zum Beispiel in den Todesmärschen, von denen er erzählt. "...eine gewisse Vergangenheit, die auch heute nicht nur in mir, aber in den Überlebenden Menschen, den Zeitzeugen von damals, ist", wie er sagt. Dieser Film sorgt für das Überleben dieser Geschichten über Karl Stojkas Tod im Jahr 2003 hinaus. (S.H.)
 
Filmvorführung (37 min) und anschließendes Gespräch mit Regisseurin Karin Berger